Modellprojekt zum gesetzlichen Überholabstand

Im Rahmen ihres Modellprojekts zum gesetzlichen Überholabstand (gÜRad) hat die Arbeitsgemeinschaft Fahrrad- und Fußverkehrsfreundlicher Kommunen in Baden-Württemberg e.V. (AGFK-BW) in Kooperation mit der Hochschule Karlsruhe (HKA) seit 2022 untersucht, wie sich der Überholabstand von Kfz zu Radfahrenden auf problematische Straßenabschnitte auswirkt. Die AGFK-BW stellt nun die gewonnenen Ergebnisse der Öffentlichkeit vor.

Das Hauptziel des Projekts war es, Maßnahmen zu entwickeln, die Überholszenarien für Radfahrende sowohl objektiv als auch subjektiv sicherer machen. Das Modellprojekt gÜRad ist Teil der Vision Zero der AGFK-BW, die ein sicheres und respektvolles Miteinander aller Verkehrsteilnehmenden anstrebt. An dem Projekt nahmen verschiedene Mitgliedskommunen der AGFK-BW teil, darunter Aalen, Backnang, Baden-Baden, Heilbronn, Mengen, Offenburg, Schorndorf, Singen, Stuttgart und Ulm.

Prof. Dr. Jochen Eckart, Professor für Verkehrsökologie an der Hochschule Karlsruhe, erklärte, dass die Ergebnisse der Realexperimente in den Modellkommunen verdeutlichen, dass der Überholabstand von Kfz zu Radfahrenden durch zahlreiche Faktoren wie Verkehrsinfrastruktur, Verkehrsaufkommen, Verkehrskultur und das Verhalten der Verkehrsteilnehmenden beeinflusst wird. Es könne keine einfachen Ursache-Wirkung-Beziehungen abgeleitet werden. Je nach Situation seien unterschiedliche Maßnahmen wie bauliche Veränderungen, gezielte Kommunikation oder Öffentlichkeitsarbeit erforderlich – oft auch eine Kombination aus diesen Ansätzen. Besondere Herausforderungen gebe es bei Straßenabschnitten mit engen Überholabständen, die eine hohe Bedeutung für das subjektive Sicherheitsgefühl der Radfahrenden hätten. Hier sei eine dringende Lösung notwendig.

Günter Riemer, Vorstandsvorsitzender der AGFK-BW, dankte allen Beteiligten für die erfolgreiche Umsetzung des Projekts und der durchgeführten Realexperimente, die wertvolle Erkenntnisse geliefert hätten. Diese seien entscheidend, um vor Ort wirksame Maßnahmen zur Förderung des Radverkehrs zu entwickeln. Er betonte, dass Überholabstände eine wichtige Rolle im Sicherheitsempfinden der Radfahrenden spielten und deshalb in der Radverkehrsförderung berücksichtigt werden müssten.

Die Realexperimente des Modellprojekts verdeutlichten die Schwierigkeiten bei der Einhaltung des gesetzlichen Überholabstands auf innerstädtischen Straßen. Um Lösungen zu finden, wurden verschiedene Maßnahmen umgesetzt, darunter die Anpassung der Radverkehrsinfrastruktur, die Beseitigung von Parkplätzen, verkehrsrechtliche Regelungen sowie begleitende Kommunikationsmaßnahmen.

Das Projekt hat gezeigt, dass jeder Straßenabschnitt individuell betrachtet werden muss, da Überholabstände nicht ausschließlich durch infrastrukturelle Maßnahmen beeinflusst werden können. In verschiedenen Kommunen, auch bei ähnlichen Rahmenbedingungen, wurden unterschiedliche Ergebnisse erzielt. Um langfristige Lösungen zu entwickeln, sei ein integrierter Maßnahmenmix erforderlich, der Infrastruktur, Kommunikation, verkehrsrechtliche Regelungen und konsequente Ahndung umfasst. Der Praxisleitfaden, der aus dem Projekt hervorgegangen ist, soll weiteren Kommunen bei der Umsetzung von Maßnahmen zum Überholabstand helfen.

Im Rahmen des Projekts wurden gemeinsam mit den kommunalen Radverkehrsbeauftragten und Straßenverkehrsbehörden sowie der Hochschule Karlsruhe neuralgische Straßenabschnitte identifiziert, an denen häufig enge Überholvorgänge stattfanden. Diese Abschnitte waren auf Grundlage von Bürgerfeedback ausgewählt worden, da die Anwohner diese als problematisch wahrgenommen hatten. Anschließend wurden die Abschnitte detailliert analysiert.

Die Datenerhebung erfolgte mittels des OpenBikeSensors, eines bürgerwissenschaftlichen Projekts aus der IT- und Radverkehrs-Community. Der Sensor misst den Abstand zu Objekten während der Fahrt und zeichnet die GPS-Daten auf, wobei Ultraschallwellen zur präzisen Abstandsbestimmung genutzt werden.

Auf Grundlage der ersten Datenerhebung wurden problematische Überholsituationen identifiziert. Anfang 2023 wurden gezielte Maßnahmen entwickelt, um diese zu verbessern. Nach einer Eingewöhnungsphase von sechs bis acht Wochen wurde im Herbst 2023 eine Nachbefragung durchgeführt, um die Auswirkungen der ergriffenen Maßnahmen zu überprüfen.

Das Modellprojekt gÜRad wurde in Zusammenarbeit mit der Hochschule Karlsruhe durchgeführt und durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr gefördert. Es wird zum 31. Dezember 2024 abgeschlossen sein.

Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung von Arbeitsgemeinschaft Fahrrad- und Fußverkehrsfreundlicher Kommunen/ Veröffentlicht am 29.11.2024

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