Weltweit sind etwa 50 % der im Straßenverkehr Getöteten Fußgänger und Radfahrende, die als „vulnerable road users“ (VRU) bezeichnet werden. Das Fachgebiet Kommunikationstechnik (ComTec) an der Universität Kassel arbeitet gegenwärtig an der Entwicklung von Schutzsystemen für VRU, um Fahrzeugführern und ungeschützten Verkehrsteilnehmern vor potenziellen Kollisionen zu warnen und Unfälle zu vermeiden.
Unter der Leitung von Prof. Klaus David (FB16, FG Kommunikationstechnik) konzentriert sich ComTec auf den smartphonebasierten Schutz von VRU. Hierbei werden Positions- und Bewegungsdaten, auch Bewegungstrajektorien genannt, von VRU und Fahrzeugen erfasst und ausgetauscht. Dies geschieht beispielsweise über die Sensorik von Smartphones oder tragbaren Geräten, die über umfassende Kommunikationsmöglichkeiten verfügen. Anhand der ausgetauschten Bewegungstrajektorien und KI-gestützter Filter können Überschneidungen und somit mögliche Kollisionen vorhergesagt werden, was durch entsprechende Hinweise vermieden werden kann.
Die Überquerung von Bordsteinen stellt ein entscheidendes Ereignis für die Positionsbestimmung von VRU und die Kollisionsvorhersage dar. Die Position der Bordsteine ist in der Regel bekannt. Wenn die Überquerung eines Bordsteins aus den Bewegungsdaten des VRU erfasst wird und diese Informationen mit gängigen satellitenbasierten Positionierungssystemen (GNSS) kombiniert werden, kann die genaue Position eines Fußgängers oder Radfahrers ermittelt werden. Darüber hinaus ist die Überquerung des Bordsteins ein sicheres Indiz dafür, dass sich der Verkehrsteilnehmer auf die Fahrbahn begibt, was für die Anpassung der Filter in der Kollisionsvorhersage von Bedeutung ist.
ComTec untersucht die Erkennung von Bordsteinüberquerungen beim Radfahren. Zu diesem Zweck werden Bewegungsdaten mit einem Fahrrad erfasst, das mit Smartphones oder tragbaren Geräten ausgestattet ist. Diese Daten dienen anschließend dem Training und der Optimierung von KI-Algorithmen. Um die für das Training und die Überprüfung erforderlichen Bewegungsdaten über verschiedene in Deutschland übliche Bordsteine zu erhalten, ist eine Teststrecke notwendig. Die nordhessische Firma Profilbeton stellt eine solche Teststrecke zur Verfügung, um Daten von Radfahrenden zu sammeln. Hierfür wurden verschiedene Bordsteine, die von Profilbeton hergestellt werden, auf dem Gelände der Universität Kassel installiert. Erste Forschungsergebnisse werden im Sommer 2025 erwartet.
Das Fachgebiet Kommunikationstechnik, unter der Leitung von Prof. Dr.-Ing. Klaus David, beschäftigt sich mit der Erfassung und Verarbeitung von Kontextdaten mittels KI-Algorithmen, einschließlich des VRU-Schutzes. Die Firma Profilbeton ist seit 1998 auf die Herstellung von Sonderbordsteinen und Bodenindikatoren (Blindenleitplatten) sowie Elementen für barrierefreie Querungen spezialisiert.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung von Universität Kassel/ Veröffentlicht am 10.10.2024